Geflüchtete Frauen in Ost- und Westdeutschland

KONFERENZ | ALS ICH NACH DEUTSCHLAND KAM | Oktober 2017 | Berlin

KONFERENZALS ICH NACH DEUTSCHLAND KAMOktober 2017 | Berlin

Das zweite Gespräch ist von María do Mar Castro Varela, Professorin für Pädagogik und Soziale Arbeit an der Alice-Salomon-Hochschule moderiert - Wir hören die Geschichten von Nancy Larenas und Saideh Saadat-Lendle. Beide wurden aufgrund ihres politischen Aktivismus verfolgt und mussten vor Unterdrückung, Folter und Mord fliehen. Geebnet durch ihre Parteiorganisationen, führten die Wege beider Frauen nach Deutschland. Die eine ging in die DDR, die andere in die BRD. Nancy Larenas ging als chilenische Exilantin in die DDR und erlebte dort Solidarität, beruflichen Aufstieg und eine strukturelle Gleichberechtigung als Frau. Sie erlebte die Wiedervereinigung und den Systemzusammenbruch der DDR als großen Einbruch in ihr Leben. Saideh Saadat-Lendle kommt aus dem Iran, wo sie als studentische Aktivistin und Oppositionelle nach der islamischen Revolution mehrfach in politische Gefangenschaft kam und in den Untergrund gehen musste. Sie ging in die BRD und wurde dort von sozialen und politischen Netzen aufgefangen, auf die sie ihr Leben im Exil aufbauen konnte. Begleitet von Trauer, Verlusten und auch Schuldgefühlen über ihre verhältnismäßig privilegierte Situation gegenüber anderen Geflüchteten, gaben beide Auskunft darüber, was es bedeutet, ins Exil zu gehen und die alten politischen Kämpfe scheitern zu sehen.

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AUDIO

Audio demnächst verfügbar.

Fotos des Panels

Referentinnen & Moderatorin

Nancy Larenas, Jahrgang 1943, geboren in Valdivia, Chile, seit 1973 im politischen Exil in der BRD. Sie besuchte die katholische Sekundarschule in Valparaíso und studierte Architektur an der Universidad Chile in Valparaíso. Ab 1970 war sie Mitglied der politischen Volksfront Unidad Popular, die den chilenischen Präsidenten Salvador Allende unterstützte. Nach dem Militärputsch am 11. September 1973 flüchtete sie in die BRD. Ab 1976 ging sie in die DDR, wo sie an der Hochschule für Architektur und Bauwesen studierte und promovierte. Sie arbeitete für das Wohnungsbaukombinat Magdeburg und für den Stadtbaubetrieb Jena. Seit 1990 arbeitete sie in Projekten der Bauforschung und der Denkmalpflege. Aktuell ist sie Vorsitzende der Chile-Freundschaftsgesellschaft Salvador Allende e.V. in Berlin.

Saideh Saadat-Lendle, Jahrgang 1958, ging im Iran in den Untergrund und beantragte 1985 politisches Asyl in Deutschland. Heute leitet sie den Antidiskriminierungs- und Antigewaltbereich der Lesbenberatung Berlin e.V. – LesMigraS, eines der wenigen Lesben-, Bi- und Trans*Projekte bundesweit, das sich speziell an lesbische, bisexuelle und Trans* Migrantinnen und Schwarze Lesben, Bisexuelle und Trans* wendet. Sie ist Psychologin, Diversity-Trainerin und freiberufliche Dozentin zu den Schwerpunkten Mehrfachdiskriminierung, Rassismus, Geschlecht/Gender, sexuelle Lebensweisen, interkulturelle Kompetenzen sowie Sprache und Diskriminierung.

Maria do Mar Castro Varela, Jahrgang 1964, wurde in La Coruña im spanischen Galicien geboren und kam mit drei Jahren nach Köln. Sie ist promovierte Politologin und Professorin für Allgemeine Pädagogik und Soziale Arbeit an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin-Hellersdorf. Sie beschäftigt sich mit Themen wie Rassismus, Postkolonialer Theorie, Geschlecht und Queerness. www.ash-berlin.eu

BILDER VON DEN PANELLISTINNEN

ÜBER DIE KONFERENZALS ICH NACH DEUTSCHLAND KAM

International Womenspace organisierte im Oktober 2017 eine zweitägige Konferenz in Berlin. In sechs Podiumsdiskussionen teilten Frauen ihre Erfahrungen: Frauen, die als Gastarbeiterinnen nach Westdeutschland kamen; Frauen, die als Vertragsarbeiterinnen nach Ostdeutschland kamen; Frauen, die als Migrantinnen und Geflüchtete in das wiedervereinte Deutschland kamen, sowie deutsche Frauen, die von Rassismus betroffen sind. Die Referentinnen haben über das Ankommen in Deutschland, das Arbeiten und Leben hier, sowie die politische Organisation als Frauen in diesem Land gesprochen. Wir wollten das Wissen mehrerer Generationen von Migrantinnen verbinden, miteinander vergleichen und in einen historischen Zusammenhang setzen. Wir wollten einen Raum schaffen, in dem wir als Frauen uns über unsere individuellen und gemeinschaftlichen Erfahrungen austauschen können. Wir wollten der Idee der migrantischen Frau als Opfer widersprechen, deren Stimme auf Grund von Rassismus, Sexismus und Xenophobie zu oft ignoriert wird. Wir wollten der gängigen Erzählung entgegenwirken, indem wir nicht nur über die Probleme sprechen, denen migrantische und geflüchtete Frauen, sowie deutsche Frauen, die von Rassismus betroffen sind, ständig ausgesetzt sind. Sondern auch die vielfältigen Formen unseres Widerstands dieser Frauen aufzeigen: am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft und gegen die staatliche Unterdrückung. Es war ein Erfolg! Wir waren sehr berührt und inspiriert von der Resonanz auf die Konferenz- vor, während und nach der Konferenz. An jedem Tag kamen über 250 Frauen zusammen, tauschten Erfahrungen über politische Kämpfe und Widerstand in Deutschland aus, lernten aus den Geschichten verschiedener Generationen aus Ost- und West- und dem wiedervereinigten Deutschland, lernten sich kennen und bauten Netzwerke auf. Dies wurde trotz Sprachbarrieren durch die Simultanübersetzung in sechs Sprachen ermöglicht: Deutsch, Englisch, Arabisch, Farsi, Türkisch und Vietnamesisch. Es herrschte eine Atmosphäre von Offenheit und Solidarität, so dass sowohl die Rednerinnen als auch die Teilnehmerinnen frei über ihre persönlichen Erfahrungen sprechen konnten. Die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen zeigten, dass eine solche Konferenz sehr notwendig war und dass ein starker Wunsch nach fortgesetztem Austausch, politischer Aktion und Vernetzung besteht. Wir betrachten die Konferenz als Ausgangspunkt und freuen uns auf die nächsten Schritte …

FOTOS DER KONFERENZ | TAG 1