Deutsch, ABER mit Migrationshintergrund

KONFERENZ | ALS ICH NACH DEUTSCHLAND KAM | Oktober 2017 | Berlin

KONFERENZALS ICH NACH DEUTSCHLAND KAMOktober 2017 | Berlin

Was es mit sogenannten Migrationshintergründen beziehungsweise Migrationsvordergründen, mit Almancıs und richtigem Deutschsein wohl auf sich hat, darüber spricht Clementine Ewokolo Burnley mit Stefanie-Lahya Aukongo und Tülin Duman. Sie erzählen anhand ihrer eigenen Lebensgeschichten davon, wie die Zuschreibungen von deutsch oder nicht-deutsch von Kindheit an an sie herangetragen wurden. Lahya, als Schwarzes Kind in der DDR, und Tülin, als Tochter von alevitischen Arbeitsmigrant*innen in Nordrhein-Westfalen, hörten tagtäglich: »Wo kommst du her? Nein, sag mal, wo kommst du wirklich her?« Ausgehend von der Frage von Fremd- und Selbstzuschreibungen wird deutlich, dass es darum gehen muss, Konkurrenzverhältnisse untereinander zu bekämpfen und sich zu solidarisieren.

Das Video kann auf Vimeo heruntergeladen werden. Siehe Lizenz unten.

Fotos des Panels

Referentinnen & Moderatorin

Lahya (Stefanie-Lahya Aukongo) ist eine Schwarze, intersektionelle Freiberuflerin. Sie ist Künstlerin, Autorin, Poetin, Kuratorin, Multiplikatorin, Fotografin, Aktivistin, Workshop-Teamerin und Sängerin. Zu viel für ein kurzes Leben? Ganz klar: Nein! In Lahyas Leben dreht sich fast alles um liebevoll sowie gesellschaftskritisch angereihte Realitätsmoleküle, diese sind ummantelt mit Gesang, Fotografie und_oder Poesie. In ihr wohnt eine Schwarze, von gesellschaftlicher Behinderung betroffene, neurodiverse, von unerschöpflichen Emotionen getragene, queere, phat-is beautiful, mehrfachüberlebende Akademikerin, Künstlerin und Aktivistin mit deutschem Pass. Eine königliche, ost, weiß, und weiblich sozialisierte, poly-li_ebende cis_Femme aus der Mittelschicht, mit aus_reichend finanziellen Mitteln, angemessen vielen Haaren auf dem Kopf und mit großem Herz. (Stand: September 2017)Sie lebt Buchstaben und beschäftigt sie sich mit Themen wie Dekolonialisierung, Traum(a), Selbst_Liebe, Intersektionalität, Heilung, Privilegien, Identität_en und ganz besonders warmes Erdbeereis.

Tülin Duman, geboren 1978 ist eine Queer- und Menschenrechtsaktvistin und Geschäftsführerin von Südblock. Tülin Duman engagiert sich seit vielen Jahren in diversen Projekten gegen Sexismus, Homo- und Transphobie, sowie gegen Rassismus – zunehmend auch im musikalisch künstlerischem Bereich. „Mehrdimensional denken, multiperspektivisch handeln“ ist dabei ihre Linie. Sie ist Mitinhaberin und Geschäftsführerin des Berliner Veranstaltungsortes Südblock – Showbühne, Bar, Nachbarschafts- und Begegnungsort in Kreuzberg. Seit 2010 organisiert sie dort Diskussionsveranstaltungen, Konzerte und queer-feministische Partyreihen. Einen besonderen Fokus legt sie bei ihrer Arbeit auf den Rassismus und Sexismus innerhalb der queeren Szenen. Duman ist seit über zwanzig Jahren in zahlreichen politischen, künstlerischen und kulturellen Projekten sowohl beruflich als auch ehrenamtlich tätig. Von 2008 bis 2011 war Tülin Duman Geschäftsführerin von GLADT e. V. (Berlin), deutschlandweit die einzige unabhängige Eigenorganisation von queeren Migrant_innen mit Vereinsstatus. Der Verein wurde von überwiegend türkeistämmigen Lesben, Schwulen und Trans* Personen gegründet, verfolgt einen intersektionalen Ansatz und ist nach wie vor eine wichtige Anlaufstelle für mehrfachdiskriminierte Queers. 2005 gründete Duman den Laden „GOAL“, der sich mit Fußballkultur beschäftigte. Sie organisierte mit GOAL Veranstaltungsreihen, Ausstellungen und Lesungen u.a. zu Diskriminierungen im Fußball, antisexistischer Fankultur und Frauen im Fußball. Unter dem Namen „Kick it queer“ veranstaltete sie große Public Viewing-Reihen von Frauenfußballspielen. Tülin Duman studierte Pharmazie und war von 2002 bis 2008 im Bereich Public Health als Projektkoordinatorin bei Gesundheit Berlin mit dem Schwerpunkt Migration und soziale Ungleichheit tätig. Zuvor war sie Koordinatorin und stellvertretende Projektleiterin bei einem EU-Projekt in Istanbul zum Thema Verbraucherschutz und Patientenrechte, Koordinatorin bei einem Frauenrechtshilfeprojekt für Opfer von sexueller Gewalt und studentische Mitarbeiterin der Menschenrechtsstiftung (Behandlungszentrum für Folteropfer), ebenfalls in Istanbul. ©Hassan

Clementine Ewokolo Burnley ist in der ehemaligen deutschen Kolonie Kamerun geboren und in Großbritannien und Kamerun aufgewachsen. Sie ist Autorin, Vollzeit-Mutter und gleichzeitig ein Mensch der arbeitet. Sie lebt heute mal hier, mal da, mal anderswo. Sie freut sich über Räume und Momente, um authentische Erzählungen zu begleiten, die hegemonisches Wissen erschüttern. Sie ist meistens beim Migrationsrat Berlin zu finden, schreibt auf ezibota.com und twittert als @decolonialheart.

BILDER VON DEN PANELLISTINNEN

ÜBER DIE KONFERENZALS ICH NACH DEUTSCHLAND KAM

International Womenspace organisierte im Oktober 2017 eine zweitägige Konferenz in Berlin. In sechs Podiumsdiskussionen teilten Frauen ihre Erfahrungen: Frauen, die als Gastarbeiterinnen nach Westdeutschland kamen; Frauen, die als Vertragsarbeiterinnen nach Ostdeutschland kamen; Frauen, die als Migrantinnen und Geflüchtete in das wiedervereinte Deutschland kamen, sowie deutsche Frauen, die von Rassismus betroffen sind. Die Referentinnen haben über das Ankommen in Deutschland, das Arbeiten und Leben hier, sowie die politische Organisation als Frauen in diesem Land gesprochen. Wir wollten das Wissen mehrerer Generationen von Migrantinnen verbinden, miteinander vergleichen und in einen historischen Zusammenhang setzen. Wir wollten einen Raum schaffen, in dem wir als Frauen uns über unsere individuellen und gemeinschaftlichen Erfahrungen austauschen können. Wir wollten der Idee der migrantischen Frau als Opfer widersprechen, deren Stimme auf Grund von Rassismus, Sexismus und Xenophobie zu oft ignoriert wird. Wir wollten der gängigen Erzählung entgegenwirken, indem wir nicht nur über die Probleme sprechen, denen migrantische und geflüchtete Frauen, sowie deutsche Frauen, die von Rassismus betroffen sind, ständig ausgesetzt sind. Sondern auch die vielfältigen Formen unseres Widerstands dieser Frauen aufzeigen: am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft und gegen die staatliche Unterdrückung. Es war ein Erfolg! Wir waren sehr berührt und inspiriert von der Resonanz auf die Konferenz- vor, während und nach der Konferenz. An jedem Tag kamen über 250 Frauen zusammen, tauschten Erfahrungen über politische Kämpfe und Widerstand in Deutschland aus, lernten aus den Geschichten verschiedener Generationen aus Ost- und West- und dem wiedervereinigten Deutschland, lernten sich kennen und bauten Netzwerke auf. Dies wurde trotz Sprachbarrieren durch die Simultanübersetzung in sechs Sprachen ermöglicht: Deutsch, Englisch, Arabisch, Farsi, Türkisch und Vietnamesisch. Es herrschte eine Atmosphäre von Offenheit und Solidarität, so dass sowohl die Rednerinnen als auch die Teilnehmerinnen frei über ihre persönlichen Erfahrungen sprechen konnten. Die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen zeigten, dass eine solche Konferenz sehr notwendig war und dass ein starker Wunsch nach fortgesetztem Austausch, politischer Aktion und Vernetzung besteht. Wir betrachten die Konferenz als Ausgangspunkt und freuen uns auf die nächsten Schritte …

FOTOS DER KONFERENZ | TAG 2