On Friday 11. September, we took part in a meeting with Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, and Dr. Karamba Diaby, Integrationsbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion.

The meeting was initiated as a part of PAD (People of African Descent) Week, which in turn is a part of the UN’s PAD Decade. The aim of the PAD Decade is to explore the question of what it takes to contribute to the strengthening and the realization of economic, social, cultural, and political rights of people of African origin.

Representatives from other organizations that work with and in Black communities in Berlin were involved as well: Vereinigung MandatsträgerInnen, Afrikanischer Abstammung (VMA) e.V., ADAN e.V., ISD e.V., Zentralrat der afrikanischen Gemeinde (ZAG) e.V., and EOTO e.V.

We took the opportunity to film some footage and interviews for our upcoming documentary.

We also submitted the following statement to Dr. Franziska Giffey during the meeting.

We look forward to working more closely with everyone present on these issues.

 

 

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Sehr geehrte Frau Dr. Giffey,

Wir begrüßen die Initiative von Vertretern der Bundesregierung, auf Organisationen deutscher Bürger*innen afrikanischer Abstammung zuzugehen, um deren Forderungen während der Internationalen Dekade der Vereinten Nationen für Menschen afrikanischer Abstammung zu diskutieren.

Als selbstorganisierte Migrantinnen und Geflüchtetenfrauen des International Women* Space stellen wir mit großer Frustration fest, dass deutsche Bürger*innen afrikanischer Abstammung immer noch gegen den anti-schwarzen Rassismus kämpfen müssen, der in jedem Aspekt des Lebens in diesem Land präsent ist.

Als Afrikanerinnen, die in diesem Land als Asylsuchende, Migrantin oder Geflüchtete leben, beglückwünschen wir diese individuellen und kollektiven Bemühungen, den anti-schwarzen Rassismus in Deutschland auszumerzen. Wir sind davon überzeugt, dass alle Migrant*innen davon profitieren werden, wenn es den schwarzen deutschen Bürger*innen gelingt, den systemischen anti-schwarzen Rassismus zu beenden.

Das Problem ist, dass wir nicht länger auf Gerechtigkeit warten können. Wir sind bereits physisch hier. Wir leben in Deutschland, und wir fordern, dass die Ideen des deutschen Grundgesetzes in die Tat umgesetzt werden, um die Rechte aller in Deutschland lebenden Menschen zu schützen.

Das deutsche Grundgesetz besagt, dass niemand wegen seiner Hautfarbe, Sprache oder Herkunft diskriminiert werden darf und das jeder Mensch in Deutschland unabhängig von seinem Aufenthaltsstatus rechtlich vor Diskriminierung geschützt sein soll.

Dies entspricht jedoch nicht der Realität des Lebens als Migrant*in in Deutschland, insbesondere der schwarzen Migrant*in. Und warum nicht? Es ist einfach unmenschlich, dass:
– Menschen im Allgemeinen und Frauen im Besonderen auf unbestimmte Zeit in überfüllten Heimen ohne Recht auf Privatsphäre, ohne angemessenen Zugang zur Gesundheitsversorgung oder zum Bildungssystem untergebracht werden.

– die Bewegungsfreiheit von Personen, die unter der Residenzpflicht leben müssen, eingeschränkt wird.

– bereits traumatisierte Menschen auf der lebensgefährlichen Flucht, zum Beispiel über das Mittelmeer, vor allen möglichen Schrecken retraumatisiert werden. Dies trifft insbesondere Frauen, die ihre eigenen Gründe haben zu fliehen, darunter folgende:

Vergewaltigung
Häusliche Gewalt
Weibliche Genitalverstümmelung
Selbstbestimmung in Bezug auf Sexualität und Genderidentität
Erzwungene Sterilisation
Zwangsprostitution
Frauenhandel
Erzwungene Abtreibung
Ehrenmord
Bestrafung für Ehebruch
Bestrafung für Verletzung der Kleiderordnung
Bestrafung für das Führen eines westlichen Lebensstils
Zwangsehe

In Anbetracht dieser Realität möchten wir von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Franziska Giffey, gerne wissen, ob wir als Migrantinnen in der folgenden Stellungnahme, die auf der Website des Bundesministeriums für Frauenangelegenheiten zu finden ist, berücksichtigt werden:
“Als Ministerin setze ich mich für alle ein. Für Frauen und Männer. Für die Ostdeutschen und die Westdeutschen. In ländlichen Regionen und in der Stadt. Für Kinder, Jugendliche und ältere Menschen.”

Gehören wir zu diesen “alle”? Sind wir Migrantinnen nicht in Deutschland lebende Frauen, die ebenso vom Grundgesetz geschützt werden? Wenn ja, würden wir uns wünschen, dass das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend dies klar und öffentlich feststellt.

Weiterhin möchten wir die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Franziska Giffey, dazu beglückwünschen, dass Sie die Istanbul Konvention als Instrument nutzt, um angemessene Schutzeinrichtungen für von Gewalt bedrohte Frauen zu etablieren.

Im Hinblick auf die Konvention fordern wir Sie nachdrücklich auf, hart daran zu arbeiten, dass Deutschland die Rechte aller Migrantinnen voll anerkennt und schützt und die Vorbehalte und Restriktionen aufzuheben, die bei der Ratifizierung der Istanbul Konvention durch Deutschland gemacht wurden. Dies ist die einzige Anti-Gewalt-Konvention, die sich auf den Schutz von Frauen konzentriert und wir fordern Sie eindringlich auf, uns als Migrantinnen und Geflüchtetenfrauen anzuerkennen und die Konvention für alle Frauen* umzusetzen.

Und wir zitieren eine kürzliche Erklärung der IFFF Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit:
“In allen europäischen Ländern – auch in Deutschland – fehlen ausreichende Schutzeinrichtungen für von Gewalt bedrohten Frauen. Insbesondere für Migrantinnen und Geflüchtete ist die Situation katastrophal. Als Ergebnis des Corona-Lockdowns hat, statistisch belegt, häusliche Gewalt drastisch zugenommen – ohne, dass Schutzkapazitäten ausgeweitet wurden. Die sozialen und wirtschaftlichen Kosten von Gewalt gegen Frauen und der Missachtung des Problems durch den Staat sind ebenfalls enorm.”