Die Wartezeit - Überleben im deutschen Asylsystem

KONFERENZ | ALS ICH NACH DEUTSCHLAND KAM

KONFERENZALS ICH NACH DEUTSCHLAND KAM

In diesem Gespräch berichten vier Frauen was es bedeutet, sich im Asylsystem in Deutschland durchsetzen zu müssen und mit der ständigen Bedrohung durch Abschiebung zu leben. Es wird von der Schwarzen, queeren, transkulturellen Aktivistin Asma-Esmeralda Abd’Allah-Álvarez Ramírez moderiert. Die Frauen erzählen von ihrer Selbstbehauptung, ihrem Widerstand und ihrer Selbstorganisierung. Doris Messa ist bereits zweimal fast abgeschoben worden – sie konnte sich erfolgreich im letzten Moment zur Wehr setzen und kämpft bis heute für ihren selbstbestimmten Aufenthalt. Ivanka Sinani ist Roma-Aktivistin und lebt seit den Neunzigerjahren in Deutschland. Sie hat sich 2002 mit vielen anderen zusammengeschlossen und neun Monate lang als Karawane für ein Bleiberecht für Roma protestiert. Jacqueline Maffo ist Mitbegründerin von Women in Exile, die sich als Frauen und Mütter zusammengeschlossen hatten, um sich gegen die gewaltvollen und erniedrigenden Lebens- und Arbeitsbedingungen als geflüchtete Frauen in den Lagern aber auch in der deutschen Gesellschaft zu wehren. Masture Hares schildert ihren Blick auf die verheerende Situation in Afghanistan, die vor allem für Frauen alles andere als ein – wie vom deutschen Staat deklariert – sicheres Herkunftsland ist. Die Zusammenkunft dieser Frauen ist ein starker Appell für eine Solidarität zwischen Frauen weltweit.

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Fotos des Panels

Referentinnen & Moderatorin

Doris Messa ist vor sechs Jahren nach Deutschland geflüchtet und seitdem von Abschiebung bedroht. Bereits zwei Male konnte sie sich erfolgreich gegen eine anstehende Abschiebung wehren. Im September 2016 wurde sie mitten in der Nacht gewaltsam aus einer Flüchtlingsunterkunft abtransportiert und zum Flughafen gebracht. Diese Zwangsabschiebung wurde verhindert, weil der Pilot des Flugzeugs sich weigerte, sie in ihrem Zustand mitzunehmen. Doris hat sich mit anderen Frauen in ähnlichen Situationen zusammengeschlossen und ist Aktivistin im International Womenspace.

Ivanka Sinani, 42 Jahre, kommt aus Serbien und ist eine Roma-Aktivistin. Sie ist Mutter von drei Kindern und lebt in Münster. 1995 bis 2003 wohnte sie als Flüchtling in Deutschland und musste 2003 Deutschland „freiwillig“ verlassen. Heute arbeitet sie mit Jugendlichen zum Thema Diskriminierung von Roma und Flüchtlingen.

Jacqueline Maffo ist Mitbegründerin von Women in Exile e.V. und Interkulturelle Frauengruppe in Potsdam. Jacqueline kommt aus Kamerun und wohnt seit 1995 in Potsdam. Zusammen mit fünf Frauen hat sie den Verein Women in Exile e.V. gegründet. Als Vertretung für die Frauen in Potsdam hat sie viele Veranstaltungen und Demonstrationen organisiert und dafür mobilisiert. Vor sechs Jahren hat sie die „Interkulturelle Frauengruppe“ in Potsdam gegründet. Ihnen ist es wichtig, dass auch Frauen mit Kindern sich treffen und organisieren, ihre Probleme lösen und sich gegenseitig unterstützen. Es geht darum, dass auch die Kinder zusammenkommen, ihre Kultur kennenlernen und miteinander teilen. Jacquelines Ziel ist es, dass jede Frau sich traut frei zu sprechen, frei zu sein, ihre Meinung zu sagen und ein wichtiger Teil der Gesellschaft zu sein.

Masture Hares kam 2010 nach Deutschland und wurde noch im gleichen Jahr als Flüchtling anerkannt. In Afghanistan hat sie als Journalistin und politische Aktivistin in Frauenorganisationen gegen frühzeitliche Ehe und Zwangsehe/Zwangsheirat gekämpft. Sie hat eng mit Malalai Joya, der ehemaligen Abgeordneten der Nationalversammlung Afghanistans, zusammengearbeitet. Aufgrund ihrer Beteiligung an Frauenrechtskämpfen wurde sie durch Warlords heftig verfolgt und musste aus dem Land fliehen.

Asma-Esmeralda Abd’Allah-Álvarez Ramírez ist eine schwarze, queere, transkulturelle Aktivistin. Als gebürtige Kubanerin kam sie im Alter von sechs Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland. Sie hat unter anderem als Übersetzerin und Kunstvermittlerin gearbeitet. Zuletzt war sie als Beraterin im Flüchtlingsbüro des Kargah e.V. tätig. Sie ist aktiv in der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) und bei Radio Flora.

ÜBER DIE KONFERENZALS ICH NACH DEUTSCHLAND KAM

International Womenspace organisierte im Oktober 2017 eine zweitägige Konferenz in Berlin. In sechs Podiumsdiskussionen teilten Frauen ihre Erfahrungen: Frauen, die als Gastarbeiterinnen nach Westdeutschland kamen; Frauen, die als Vertragsarbeiterinnen nach Ostdeutschland kamen; Frauen, die als Migrantinnen und Geflüchtete in das wiedervereinte Deutschland kamen, sowie deutsche Frauen, die von Rassismus betroffen sind. Die Referentinnen haben über das Ankommen in Deutschland, das Arbeiten und Leben hier, sowie die politische Organisation als Frauen in diesem Land gesprochen. Wir wollten das Wissen mehrerer Generationen von Migrantinnen verbinden, miteinander vergleichen und in einen historischen Zusammenhang setzen. Wir wollten einen Raum schaffen, in dem wir als Frauen uns über unsere individuellen und gemeinschaftlichen Erfahrungen austauschen können. Wir wollten der Idee der migrantischen Frau als Opfer widersprechen, deren Stimme auf Grund von Rassismus, Sexismus und Xenophobie zu oft ignoriert wird. Wir wollten der gängigen Erzählung entgegenwirken, indem wir nicht nur über die Probleme sprechen, denen migrantische und geflüchtete Frauen, sowie deutsche Frauen, die von Rassismus betroffen sind, ständig ausgesetzt sind. Sondern auch die vielfältigen Formen unseres Widerstands dieser Frauen aufzeigen: am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft und gegen die staatliche Unterdrückung. Es war ein Erfolg! Wir waren sehr berührt und inspiriert von der Resonanz auf die Konferenz- vor, während und nach der Konferenz. An jedem Tag kamen über 250 Frauen zusammen, tauschten Erfahrungen über politische Kämpfe und Widerstand in Deutschland aus, lernten aus den Geschichten verschiedener Generationen aus Ost- und West- und dem wiedervereinigten Deutschland, lernten sich kennen und bauten Netzwerke auf. Dies wurde trotz Sprachbarrieren durch die Simultanübersetzung in sechs Sprachen ermöglicht: Deutsch, Englisch, Arabisch, Farsi, Türkisch und Vietnamesisch. Es herrschte eine Atmosphäre von Offenheit und Solidarität, so dass sowohl die Rednerinnen als auch die Teilnehmerinnen frei über ihre persönlichen Erfahrungen sprechen konnten. Die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen zeigten, dass eine solche Konferenz sehr notwendig war und dass ein starker Wunsch nach fortgesetztem Austausch, politischer Aktion und Vernetzung besteht. Wir betrachten die Konferenz als Ausgangspunkt und freuen uns auf die nächsten Schritte …

FOTOS DER KONFERENZ | TAG 1