Sieben Jahre Später…

Erinnerungen an die Konferenz
Diese Vision(en) brauchen wir heute mehr denn je

Einleitung zur zweiten Auflage – (jetzt erhältlich bei Unrast Verlag)

Im vergangenen Sommer erreichte uns die Nachricht vom Unrast Verlag, dass unser Buch Als ich nach Deutschland kam neu aufgelegt wird – Juju! Als wir die Anfrage erhielten, ein paar Worte für die Neuauflage zu schreiben, hatten wir die Idee, die Sprecherinnen* der Konferenz 2017 zu fragen, ihre Erinnerungen, Gedanken und Reflexionen mit uns zu teilen. Es war eine Freude und zugleich berührend, diese Beiträge nach und nach zu erhalten. Sie ermöglichten uns nicht nur, rückblickend auf das Projekt zu schauen, sondern auch unsere aktuellen Kontexte und Entwicklungen einzubeziehen.

Die zwei Tage unserer Konferenz waren bewegend und stärkend. Die Gespräche – kulturell-, sprach- und generationsübergreifend – eröffneten Räume für gegenseitige Bestärkung und neue Perspektiven. Die Erzählungen geben einen einzigartigen Einblick in die vielschichtigen Realitäten von Frauen*, die oft mehrfach marginalisiert werden – und zeigen zugleich ihre Stärke und ihre Fähigkeit, sich gemeinsam gegen Ungerechtigkeiten zu behaupten. Diese Geschichten sind nicht nur Zeugnisse der Vergangenheit, sondern bieten auch Orientierung für die Zukunft: Für feministische Solidarität, für intersektionale Kämpfe und für die Vision einer gerechteren, gleichberechtigten Gesellschaft. Diese Vision brauchen wir heute mehr denn je.

Wir stehen vor besonders schwierigen Zeiten- angesichts des Erstarken von faschistischen Bewegungen und autoritären Regimen weltweit. In Deutschland gewinnt eine faschistische Partei mehr und mehr an Einfluss und ihre Regierungsbeteiligung wird stetig wahrscheinlicher. Für die deutsche Mehrheitsgesellschaft scheint es ein bequemer und vertrauter Reflex zu sein, rechten Diskursen Raum zu verschaffen, in denen ein Weltbild von Ausgrenzung und Gewalt vertreten wird. Anstatt ernsthaft der ständig ignorierten Gefahr von rechten Bewegungen und Terror entgegenzuwirken und sie zu bekämpfen, wird rechten Diskursen nachgeeifert. Geflüchtete, Migrant*innen aber auch deutsche Schwarze und People of Colour werden marginalisiert und kriminalisiert. Jüdische Perspektiven finden in der Mehrheitsgesellschaft dann Beachtung, wenn sie sich in die sogenannte Deutsche Staatsräson einfügen. Der vermeintliche Kampf gegen Antisemitismus und Terror wird missbraucht, um die Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen weiter einzuschränken.

Mit der Einführung der Gemeinsamen-Europäischen-Asylsystem-Reform (GEAS) auf EU-Ebene werden das Recht auf Asyl de facto abgeschafft und die Festung Europa weiter zementiert. Deutschland stuft immer mehr Länder als “sichere Herkunftsländer” ein und schiebt neuerdings sogar nach Afghanistan ab. Die (Wieder)einführung der “Bezahlkarte” (wir nennen sie Schikanekarte) ist ein weiterer Baustein in der Stigmatisierung und Entwürdigung von geflüchteten Menschen.

Und gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, sich zu besinnen und Stärke aus unseren gemeinsamen Kämpfen zu ziehen, anstatt uns spalten zulassen. Wir werden nicht aufhören, auf vielfältige Weise Widerstand zu leisten und uns unermüdlich für eine gerechtere Welt einzusetzen. Indem wir uns vernetzen, unsere Kämpfe miteinander verknüpfen, uns organisieren, solidarisieren, uns unterstützen, unsere Geschichten erzählen, uns zuhören, streiten, lernen und wachsen und so sichtbar machen, was manche unsichtbar machen wollen, was und wer Teil dieser Gesellschaft ist und es immer sein wird.

International Women* Space, Februar 2025